Axa Schweiz vor dem Austritt aus dem Versicherungsverband

19.6.2020 Die Axa Schweiz und der Schweizerische Versicherungsverband haben das Heu nicht mehr auf derselben Bühne. Vor allem an dezidierten politischen Positionen des Verbands nimmt Axa Anstoss. 

Axa Schweiz lässt mitten in der Corona-Krise eine Bombe hochgehen mit der Ankündigung, allenfalls auf Ende Jahr aus dem Schweizerischen Versicherungsverband (SVV) auszutreten. «Inside Paradeplatz» hat Einsicht in das Ende Mai beim SVV eingegangene Kündigungsschreiben erhalten, worin von einem neuen Rollenverständnis der Axa die Rede ist und vom Erfordernis, dieses mit einer SVV-Mitgliedschaft in Einklang zu halten. Axa Schweiz als grösster Allbranchenversicherer des Landes zahlt den grössten Mitgliederbeitrag; daher würde ein Rückzug dem SVV schon schwer zu schaffen machen.

Offen für Verbesserungen

Der Direktor des SVV, Thomas Helbling, sagte dazu auf Anfrage, man respektiere das Vorgehen der Axa und den von ihr skizzierten Prozess. Einerseits habe Axa statutenkonform die Kündigung mit einer Frist von sechs Monaten rechtzeitig auf Ende Jahr ausgesprochen, und anderseits werde Axa-Chef Fabrizio Petrillo nun mit den einzelnen SVV-Vorstandsmitgliedern und auch mit ihm Gespräche über die Gründe für den beabsichtigten Austritt führen. Helbling zeigte sich offen für eine Verbesserung der Verbandsarbeit und meinte, dass Axa sich im SVV nach wie vor stark engagiere und beispielsweise den Fachausschuss Nicht-Leben leite.

Offensichtlich hat sich einiges aufgestaut, was einer Klärung bedarf. Und womöglich ist es weniger die operative Ebene, die Axa Schweiz Mühe bereitet, als es konkret bisweilen pointierte Positionen des SVV-Präsidenten Rolf Dörig sind. Dass Dörig, der Verwaltungsratspräsident der Swiss Life, kein Freund des EU-Rahmenvertrags ist, hat er auch mit valablen Argumenten dargelegt, aber da und dort im Verband trotzdem für hochgezogene Augenbrauen gesorgt.

Der Sprecher von Axa stellt klar, es gehe nicht um einen neue Linie des Konzerns, sondern spezifisch um Auftritt und Interessenvertretung in der Schweiz. Man würde sich eine stärkere Konzentration auf Kernanliegen der Branche und auf sachbezogene Standpunkte wünschen. Selbstverständlich ist der Axa-Konzern in vielen Ländern Mitglied eines nationalen Versicherungsvereins und wird es auch bleiben. Dass parallel zur Verbandsmitgliedschaft eigene Wege in Public Affairs beschritten werden, trifft auch auf andere Schweizer Versicherungsgesellschaften zu, nicht nur auf Axa Schweiz.

Ein Hintertürchen bleibt offen

Ob sich die Sache noch kitten lässt, ist offen, wobei Axa Schweiz es explizit auch von den noch anstehenden Gesprächen mit anderen Exponenten der Schweizerischen Versicherungswirtschaft abhängig macht, wie es weitergeht. Falls sich Axa nach Abschluss der Standortbestimmung für den Verbleib im SVV entscheide, werde die Kündigung bis Ende Oktober zurückgezogen. Unabhängig vom Ergebnis sei Axa weiterhin an einem einvernehmlichen Verhältnis mit dem SVV und seinen Mitgliedgesellschaften interessiert.

Klar verneint wird von Axa-Seite, dass es ums Geld gehe. «Das ist keine Sparmassnahme», sagt der Sprecher dazu. Diese Vermutung mochte man anstellen, weil vor rund zehn Jahren Axa Winterthur unter der Führung von Philippe Egger den SVV mit Erfolg dazu aufgefordert hatte, sein Budget zu kürzen. Ein Fitnessprogramm konnte damals nicht schaden. Der SVV hat 78 Mitgliedfirmen und beschäftigt seit jenen Jahren wenig verändert rund 35 Personen auf der von Helbling geführten Geschäftsstelle. Das Jahresbudget wird nicht offengelegt, dürfte sich aber im Vergleich mit jenem der Bankiervereinigung bescheiden ausnehmen.

Auch Verbände sind ständig Anpassungsprozessen ausgesetzt. Gerade diesen Freitag hat das Insurance Institute of Switzerland, das vor zwanzig Jahren gegründet wurde und mit dem SVV diverse Kooperationen pflegte, angekündigt, seinen Betrieb einzustellen. Dessen Ausbildungsprogramme werden vom Institut für Risk & Insurance an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften fortgeführt. Von der Neuausrichtung erhofft man sich Synergien und die Sicherstellung der bisher angebotenen Lehrgänge.

Quellen: NZZ / Inside Paradeplatz

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