Geplante Gesetzesänderung – Wahlfreiheit in der Pensionskasse

Besserverdienende Versicherte können die Anlagestrategie für Vorsorgegelder selber wählen, wenn ihre Pensionskasse dies anbietet. Nach einer gesetzlichen Änderung könnten sogenannte «1e-Vorsorgepläne» nun Aufwind bekommen.

Obwohl bei vielen Bürgern der grösste Teil des Vermögens in der Pensionskasse liegt, hatten sie lange keine Mitspracherechte, was die Anlagestrategie angeht. Seit 2006 dürfen Vorsorgeeinrichtungen ihre Versicherten im überobligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge zwischen verschiedenen Anlagestrategien wählen lassen. Ab einem Jahressalär von 126 900 Fr. können Vorsorgende die Strategie für Lohnkomponenten oberhalb dieser Grenze selbst bestimmen, wenn ihre Kasse dies anbietet. In der Praxis sind solche Anlagen als «1e-Vorsorgepläne» bekannt, da sie sich auf den Artikel 1e der Verordnung über die berufliche Vorsorge (BVV 2) stützen.

Den grossen Durchbruch haben diese Pläne bisher nicht geschafft. Wesentlich dafür verantwortlich dürfte eine gesetzliche Regelung sein. So regelt das Freizügigkeitsgesetz (FZG) derzeit noch, dass Pensionskassen Personen, die aus der Einrichtung austreten, einen gesetzlich garantierten Mindestbetrag mitgeben müssen. Führte eine Anlagestrategie zu Verlusten, mussten bisher die Pensionskasse und die anderen Versicherten und nicht der Austretende selbst sie tragen.

Zufriedene Branchenvertreter

Mitte Februar dieses Jahres hat der Bundesrat nun die Botschaft zur Anpassung des FZG an das Parlament überwiesen, in der dies geändert wird. Damit wird eine Motion des Nationalrats Jürg Stahl erfüllt. Bei einem Austritt von Personen, die für den überobligatorischen Teil die Anlagestrategie selbst gewählt haben, müsse eine Pensionskasse in Zukunft nur den effektiven Wert des Vorsorgeguthabens zum Zeitpunkt des Austritts mitgeben, hiess es dazu in einer Mitteilung. Um trotzdem einen gewissen Schutz für die betroffenen Versicherten zu wahren, müssten die Kassen mindestens eine Strategie mit risikoarmen Anlagen anbieten. Verworfen wurde in der Botschaft unter anderem der Vorschlag, dass der Ehegatte oder der eingetragene Partner bei der Wahl einer Anlagestrategie schriftlich zustimmen muss.

Branchenvertreter zeigen sich zufrieden mit der Botschaft des Bundesrats. Die bisherige Regelung im Freizügigkeitsgesetz sei ein grosser Bremsklotz gewesen, der nun beseitigt sei, sagte etwa Jérôme Cosandey, Altersvorsorge-Experte bei der Denkfabrik Avenir Suisse. Mehrere Versicherer hätten bereits Produkte für «1e-Vorsorgepläne» vorbereitet und könnten damit nun breit auf den Markt kommen.

Mit der Änderung dürfte die Attraktivität von «1e-Plänen» deutlich steigen, dies erwarten auch Peter Zanella von der Beratungsgesellschaft Towers Watson und Isabelle Amschwand, die Chefin des Personal-Outsourcing-Dienstleisters Trianon. Die beiden Unternehmen bilden eine strategische Allianz. Viele Unternehmen hätten bisher mit der Einführung solcher Lösungen bei ihren Pensionskassen gewartet, bis sich die gesetzliche Lage kläre. Der jetzige Vorschlag sei eine liberale Lösung. Zudem helfe er auch hierzulande tätigen Grosskonzernen, die so Anlagelösungen für die Altersvorsorge ihrer international orientierten Mitarbeiter anbieten könnten. Nun würden «1e-Pläne» wohl auch für kleinere Schweizer Unternehmen und deren Pensionskassen zum Thema.

Einer der Vorreiter in diesem Bereich sind die Pensionskassen Novartis. «1e-Vorsorgepläne» dürften nur von Vorsorgeeinrichtungen angeboten werden, die ausserhalb des vom Sicherheitsfonds garantierten, rein überobligatorischen Leistungsbereichs tätig sind, dies hat Markus Moser, Geschäftsführer der Pensionskassen Novartis, in einem Artikel in der «Schweizer Personalvorsorge» ausgeführt. Diesen Anforderungen sei bei Novartis mit der Errichtung der Pensionskasse Novartis 2 entsprochen worden (vgl. Grafik). Die Versicherten können hier zwischen vier Basis-Strategien und einem «Life-Cycle-Modell» wählen.

Es sei davon auszugehen, dass mit der wachsenden Eigenverantwortung auch das Interesse der Versicherten an solchen «1e-Plänen» steige, dies erwarten Zanella und Amschwand. Angesichts des dafür nötigen Einkommens kämen aber nur schätzungsweise 8% bis 10% der Bevölkerung in der Schweiz überhaupt für solche Pläne infrage. Aus Sicht von Cosandey könnte es gerade für jüngere Versicherte mit längerem Anlagehorizont bei solchen «1e-Plänen» interessant sein, Strategien mit einem höheren Aktienanteil zu verfolgen. Viele Kassen sind stark im Bereich Obligationen investiert, hier ist in den nächsten Jahren kaum Rendite zu erwarten. Ein weiterer Vorteil aus Sicht von Cosandey ist, dass Versicherte bei solchen «1e-Plänen» davon befreit sind, Wertschwankungsreserven aufbauen zu müssen. Auch werden keine Sanierungsbeiträge fällig, weil die Versicherten die Risiken, aber auch die Chancen ihrer Strategiewahl tragen. Weil «1e-Pläne» strikt nur Lohnanteile oberhalb von 126 900 Fr. versichern, lasse sich auch die Problematik der Umverteilung vom Überobligatorium ins Obligatorium der beruflichen Vorsorge umgehen. Diese Argumente könnten viele Kader in Schweizer KMU ansprechen, dies erwartet Cosandey.

Es gibt auch Nachteile

Allerdings haben die «1e-Vorsorgepläne» auch ihre Tücken. So tragen Vorsorgende, die solche Pläne abschliessen, zukünftig selbst das Risiko, dass die von ihnen gewählten Anlagen schlecht abschliessen. Die Vermögensanlage ist in diesen Zeiten eine grosse Herausforderung. Anlagestrategien, die früher als besonders sicher galten, haben diesen Nimbus in der heutigen Zeit verloren. Dies gilt beispielsweise für Strategien, die stark auf den Geldmarkt oder auf Obligationen setzen.

Zanella und Amschwand äussern ausserdem Kritik an einzelnen Anbietern, die im Bereich «1e-Pläne» in der Schweiz aktiv sind. Deren Angebote widersprächen zum Teil dem Kollektivitätsprinzip, das in der beruflichen Vorsorge gelte. Hier gehe es nicht mehr um kollektives Sparen, sondern um Private Banking mit hohen Gebühren, das als Steueroptimierung verkauft werde. Es würden Grundregeln des Vorsorgerechts verletzt.

Quelle: NZZ
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