Die Spitalleitung kritisiert den neuen Vorsorgeplan der Pensionskasse und überlegt sich einen Wechsel.
«Zu wenig kompetente Führung», «unprofessionelle Kommunikation», «beschädigtes Image»: Es sind klare Worte, mit denen die Leitung des Spitals Limmattal die Pensionskasse BVK, der das Spital angeschlossen ist, kritisiert.
In einem Schreiben an die BVK von Mitte Dezember drücken Spital-Verwaltungsrat Markus Bärtschiger und Spitaldirektor Thomas Brack damit ihre Unzufriedenheit mit dem neuen Vorsorgeplan der Kasse aus, der 2017 in Kraft treten soll.
Ihr Protest reiht sich in zahlreiche ähnliche Schreiben gegen die geplanten Anpassungen ein (siehe Kontext). In dem Schreiben erwägen Bärtschiger und Brack, den Wechsel des Spitals zu einer anderen Pensionskasse zu prüfen. «Mit der BVK kann es unseres Erachtens jedenfalls nicht so weitergehen», schreiben sie dem Stiftungsrat und der Geschäftsführung der BVK in dem Brief, der vom Verband des Personals Öffentlicher Dienste (VPOD) ins Netz gestellt wurde. Für die Spitalleitung hat die Kasse mit den im Sommer beschlossenen Revisionsplänen «das Vertrauen in die Stiftung nachhaltig geschädigt und die Versicherten zu unverhältnismässigen materiellen Opfern gezwungen», wie sie im Brief schreibt.
Einer der Hauptkritikpunkte sei denn auch die «ausserordentlich starke Senkung des technischen Zinssatzes und der Umwandlungssätze in einem Schritt», führt Spitaldirektor Brack auf Anfrage aus. Ein anderer, dass bereits umfassende Sanierungsmassnahmen beschlossen worden seien, aufgrund derer die Zusammenarbeit mit den angeschlossenen Arbeitgebern vertraglich vereinbart worden sei. «Nun wird vor Ablauf dieses Vertrags ein neues Vorsorgereglement eingeführt. Damit werden während des Spiels die Spielregeln geändert», kritisiert Brack.
Massive Konsequenzen
Aufgrund dieses Vorgehens wirft die Spitalleitung in ihrer Protestnote dem BVK-Stiftungsrat vor, «seine Führungsverantwortung nicht vorausschauend, massvoll und professionell» wahrzunehmen. Statt die Senkung des technischen Zinssatzes frühzeitig und schrittweise vorzunehmen, sei eine erste Anpassung 2013 erfolgt und für 2017 mit der Senkung auf 2 Prozent «ein viel radikalerer Schritt beschlossen worden».
«Eine derart übertriebene Senkung» mache «kein kompetentes, vernünftiges Führungsgremium». Die Spitalleitung bezeichnet die Konsequenzen des neuen Vorsorgereglements als «massiv»: Für die Versicherten bedeuteten sie weniger Lohn aufgrund höherer Beiträge und eine Leistungskürzung von bis zu 17 Prozent, bei den Arbeitgebern führten sie zu markant höheren Personalkosten.
Heftig kritisiert wird im Schreiben auch die Kommunikation der BVK: Diese habe die Massnahmen beschlossen, ohne das Gespräch mit Sozialpartnern oder angeschlossenen Firmen zu suchen. «Kommuniziert wurde zuerst über Mail und die Presse», schreiben Brack und Bärtschiger.
Die Massnahmen seien danach zwar «grafisch attraktiv verpackt» in der BVK-Kundenzeitschrift dargelegt worden, diese Information war laut der Spitalleitung aber «unvollständig, verwirrend und zum Teil auch klar falsch.»
Falsch ist aus Sicht des Spitals unter anderem die Information des BVK, dass der Umwandlungssatz von 6,2 auf 4,82 Prozent gesenkt werde. «Richtig ist: Der Umwandlungssatz sinkt weiter, bis auf voraussichtlich 4,4 Prozent, also um fast 30 Prozent.»
Wechsel sorgfältig abwägen
Der Spitalleitung ist auch das beschädigte Image der Pensionskasse ein Dorn im Auge. «Die Versicherten und die angeschlossenen Firmen sind es sich seit Jahren gewohnt, immer wieder negative Schlagzeilen über die BVK zu lesen», schreibt sie und nennt dafür einige Beispiele, darunter die Sanierung der Kasse durch den Kanton für 2 Milliarden Franken oder den Korruptionsfall um den früheren Leiter Daniel Gloor.
Am Ende des Schreibens kommen der Direktor und der Verwaltungsrat des «Limmi» zu «einem äussert unvorteilhaften Fazit». Und sie bitten den BVK-Stiftungsrat, das neue Vorsorgereglement zu überdenken. Diese Bitte wurde bei der Pensionskasse nicht erhört. Laut Spitaldirektor Brack hat sie zwar umfassend auf den Brief geantwortet. «Aus der Antwort wird aber klar ersichtlich, dass der Stiftungsrat seine Entscheide nicht wiedererwägen wird», sagt Brack. Ob das Spital Limmattal nun die Pensionskasse wechselt, kann er noch nicht sagen. Ein Wechsel wäre wegen des tiefen Deckungsgrades der BVK und einer nachteiligen Versichertenstruktur des Spitals sehr kostenintensiv. «Ein Wechsel muss deshalb sorgfältig abgewogen werden», so Brack.
Die BVK wollte sich gegenüber der Limmattaler Zeitung nicht zur Kritik des Spitals äussern. Man pflege den Kontakt zu den Kunden direkt und nicht über die Medien, hiess es auf Anfrage.
Die PLäne der BVK – Höhere Beiträge, tiefere Renten
Sinkende Erträge an den Kapitalmärkten und eine steigende Lebenserwartung bringen die Pensionskassen zunehmend in Bedrängnis – die Erträge reichen je länger je weniger aus, um die Rentenansprüche langfristig decken zu können.
Mit einem neuen Vorsorgeplan möchte die Zürcher Pensionskasse BVK dieser Entwicklung entgegenwirken und per 2017 die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge erhöhen. Die Erhöhung hängt vom Alter der Versicherten ab, bei den 63- bis 65-Jährigen beträgt sie beispielsweise satte 11 Prozent. Gleichzeitig senkt die BVK das beitragspflichtige Alter der Versicherten von 24 auf 21 Jahre. Neben höheren Beiträgen hat die Revision auch eine tiefere Rente zur Folge, da die BVK ihren technischen Zinssatz nach unten korrigiert – von 3,5 auf 2 Prozent. Die Senkung dieser rechnerischen Grösse hat einen tieferen Umwandlungssatz zur Folge, mit dem das ersparte Guthaben der einzelnen Versicherten in die jährliche Rente umgerechnet wird.
Um die finanziellen Folgen höherer Beiträge und tieferer Renten zu mildern, hat die BVK verschiedene «Abfederungsmassnahmen» beschlossen. So sollen etwa die zusätzlichen Beiträge, die Arbeitgeber und Versicherte in den vergangenen Jahren an die Sanierung der Kasse gezahlt haben, entfallen. Mit den geplanten Anpassungen hat die BVK den Unmut vieler Versicherten auf sich gezogen. Erst kürzlich haben 143 Angestellte der Stadt Schlieren die BVK in einem Protestbrief aufgefordert, auf die Anpassungen zu verzichten.
Lehrpersonen aus dem ganzen Kanton, Bezirksrichter und Mitarbeiter kantonaler Ämter haben der BVK ebenfalls solche Briefe geschickt, wie ein Blick auf den Protestticker der Gewerkschaft VPOD zeigt. Diese führt den Widerstand gegen die Pläne der BVK an und bietet im Internet gar einen Musterprotestbrief an.
Die BVK, die im vergangenen Jahr privatisiert wurde, ist mit 114 000 Versicherten und 470 angeschlossenen Unternehmen die zweitgrösste Pensionskasse der Schweiz. Sie ist auch die Vorsorgeeinrichtung des Kantons Zürich.
Quelle: Limmattaler Zeitung