Deckungsgrad der Schweizer Pensionskassen 2015 leicht gesunken

Pension Risk Studie zum Deckungsgrad der SLI-Unternehmen

Die jährliche Pension Risk Studie von Willis Towers Watson hat für das Jahr 2015 bestätigt, dass sich der weitere Rückgang der Zinsen negativ auf den Wert der Vorsorgeverpflichtungen der grössten an der Schweizer Börse kotierten Unternehmen ausgewirkt hat. Die Planvermögen veränderten sich zwar nur moderat, der Deckungsgrad reduzierte sich jedoch gemäss Definition der internationalen Rechnungslegungsstandards bei den SMI-Unternehmen leicht auf 83% und blieb bei den SLI-Unternehmen konstant auf 80%. Für Firmen ist es aufgrund des historisch tiefen Diskontierungssatzes umso wichtiger, ihre gegenwärtigen Vorsorgepläne zu überprüfen und die Umsetzung von De-Risking-Prozessen zu erwägen.

Die international ausgerichtete Studie von Willis Towers Watson analysiert bei den führenden börsenkotierten Unternehmen in der Schweiz unter anderem die Deckungssituation der Vorsorgeverpflichtungen in den Bilanzen sämtlicher leistungsorientierter Vorsorgepläne gemäss den internationalen Rechnungslegungsstandards in und ausserhalb der Schweiz. Die Auswertung der in den Geschäftsberichten veröffentlichten Daten erfolgt gemäss den internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS und US-GAAP.

„Willis Towers Watson wählt diese Vorgehensweise, um die in der Schweiz ansässigen international tätigen Unternehmen besser vergleichbar zu machen. Folglich unterscheidet sich der dargestellte Deckungsbeitrag in unserem Bericht deutlich von dem durch die Schweizer Pensionskassen ausgewiesenen, regulatorischen Deckungsgrad nach Swiss GAAP gemäss Art. 44 BVV2“, erklärt Peter Zanella, Leiter Retirement bei Willis Towers Watson in Zürich. Mit den internationalen Standards kann ein aussagekräftiger Benchmark für die Analyse der gesamten Vorsorgesituation eines Unternehmens berechnet werden.

Stabile Ergebnisse im Jahr 2015

Im Vergleich zum Vorjahr sind die Vorsorgeverpflichtungen der analysierten SLI-Unternehmen um CHF 3.4 Mrd. (-1.6%) und bei den SMI-Unternehmen um CHF 0.7 Mrd. (-0.3%) gesunken, was unter anderem auf Bewegungen innerhalb des Index und der Reduktion der Vorsorgeverpflichtungen einzelner Unternehmen zurückzuführen ist. Da sich im gleichen Zeitraum die Planvermögen unter der Erwartung entwickelt haben, verringerte sich der durchschnittliche Deckungsgrad bei den SMI-Unternehmen um 1 Prozentpunkt und blieb bei den SLI-Unternehmen stabil. 2015 waren die Vorsorgeverpflichtungen demnach zu 83% (SMI) bzw. 80% (SLI) durch die entsprechend separat ausgeschiedenen Planvermögen gedeckt.

„Trotz einer leichten Senkung des durchschnittlich verwendeten Zinssatzes um etwa 11 Basispunkte, welche den Barwert der Vorsorgeverpflichtungen folglich erhöht, scheinen sich die Vorsorgeverpflichtungen stabilisiert zu haben“, erläutert Peter Zanella. „Wir schliessen daraus, dass die Firmen Massnahmen getroffen haben, die Vorsorgeverpflichtungen besser zu kontrollieren. Typische Beispiele für solche De-Risking Massnahmen sind die Reduktion von Umwandlungssätzen oder die Begrenzung des Betrages, der als Rente bezogen werden kann.“

Anleiherendite im ersten Quartal 2016 weiter rückläufig

Die durchschnittliche Anleiherendite ist in der Schweiz in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres, abhängig von der Laufzeit, um nochmals bis zu 40 Basispunkte gefallen. Noch stärkere Rückgänge wurden in der Eurozone, den USA und Grossbritannien verzeichnet. Die Renditen deren Anleihen mit einer Laufzeit ab 10 Jahren sind im ersten Quartal 2016 um 35 bis 48 Basispunkte gesunken. Bei Plänen mit einer 15-jährigen Laufzeit (wie bei einem typischen Schweizer Vorsorgeplan) könnten sich die Vorsorgeverpflichtungen infolge des Rückgangs des Diskontierungssatzes um rund 5-6% erhöht haben. Dies würde zu einer Senkung der Deckungsgrade auf 78-79% bei SMI- und auf 75-76% bei SLI-Unternehmen führen.

In der Schweiz stehen seit Dezember 2010 die aktualisierten technischen Grundlagen BVG 2015 zur Verfügung. Diese berücksichtigen die Sterbeerfahrungen von 15 der grössten Vorsorgeeinrichtungen in der Schweiz über einen Zeitraum von 5 Jahren. Willis Towers Watson geht davon aus, dass diese Grundlagen für Bewertungen nach internationaler Rechnungslegung im laufenden Jahr zur Anwendung gelangen. Dabei wird für Schweizer Vorsorgepläne eine leichte Erhöhung der Vorsorgeverpflichtungen beobachtet. Die effektiven Auswirkungen auf die Firmen sind insbesondere auch davon abhängig, wie gross der Anteil der Schweizer Versicherten an den globalen Vorsorgeverpflichtungen ist.

Deckungsgrade ähnlich dem Vorjahr

Die Schweizer Unternehmen mit der höchsten Deckung der Vorsorgeverpflichtungen sind per Ende 2015 UBS (102,6%), Credit Suisse (99,3%) und Syngenta (94,5%). Niedrigere Deckungsgrade weisen Roche (61,3%), Swiss Life (48,1%) und Kuehne + Nagel (32,0%) auf. Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist zu beachten, dass es durch die gewählte Analyseform zu scheinbar sehr niedrigen Deckungsgraden kommen kann, die aber per se nicht besorgniserregend sind. Diese entstehen unter anderem, da internationale Unternehmen in Ländern (wie zum Beispiel Deutschland) tätig sind, welche üblicherweise keine kapitalgedeckten Vorsorgepläne im Sinne von IFRS anbieten. Letzteres wirkt sich nicht negativ auf die Zahlungsfähigkeit in Bezug auf die Vorsorgeverpflichtungen aus und erfordert keine zwingenden gesetzlichen Sanierungsmassnahmen.

Der durchschnittliche Deckungsgrad steigt unter Ausschluss der nicht kapitalgedeckten Vorsorgepläne per Ende 2015 von 80% resp. 83% auf 86% (beide, SMI und SLI). Die Firmen mit der höchsten Deckung der Vorsorgeverpflichtungen nach Abzug der nicht kapitalgedeckten Verpflichtungen sind UBS (103,8%), Credit Suisse (99,3%) und SGS (97,1%). Des Weiteren erhöht sich die Deckung von Roche auf 79,1% (von 61,3%) und von Kuehne + Nagel auf 69,1% (von 32,0%).

Mehr Transparenz, aber höhere Volatilität

Die im Jahr 2013 revidierten Bilanzierungsregeln nach IAS 19 für die Bewertung der Vorsorgepläne bedingen die vollständige Offenlegung der Unter- und Überdeckungen in den Firmenbüchern. Dies führt zu einer hohen Transparenz, aber auch zu einer höheren Bilanzvolatilität und damit zu mehr Risiko innerhalb der Unternehmensbilanzen. „Firmen verzeichnen eine hohe Bilanzvolatilität gegenüber dem Vorjahr und sollten die Gelegenheit nutzen, Wege zu suchen, die mit den Vorsorgeverpflichtungen verbundenen Finanzierungsrisiken zu verstehen und zu kontrollieren“, empfiehlt Richard Köppel, Pensionsversicherungsexperte bei Willis Towers Watson. „Ebenso könnte die Implementierung risikoärmerer Anlagestrategien zur Verringerung der Bilanzvolatilität in Erwägung gezogen werden. Ein Standardverfahren hierfür gibt es allerdings nicht, da sich die Ausgangslage je nach Unternehmen unterschiedet.“ Angesichts des weiteren Zinsrückgangs und der wachsenden Herausforderung, klassische Anlagevehikel zu finden, die kurz- und mittelfristig angemessene Renditen generieren, ist die Konzentration auf die Vorsorgeverpflichtungen umso wichtiger.

Auswirkungen auf Schweizer Arbeitnehmer

Schweizer Arbeitnehmer betrachten normalerweise den von der Schweizer Pensionskasse gemeldeten Deckungsgrad, der auf den Grundsätzen nach Swiss GAAP beruht und nach Art. 44 BVV2 berechnet wird. Die Vorsorgeverpflichtungen (und deren Volatilität) gemäss den internationalen Rechnungslegungsstandards könnten Arbeitgeber allerdings dazu veranlassen oder sogar zwingen, die dem Vorsorgeplan zugrunde liegenden Risiken besser zu kontrollieren, indem sie die Art der Durchführung der beruflichen Vorsorge oder die Höhe der angebotenen Leistungen direkt beeinflussen. Infolge des aktuellen Zinsumfeldes könnte der Arbeitgeber deutlich mehr Druck auf die Pensionskasse ausüben, die unter der Leitung des paritätisch aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern zusammengesetzten Stiftungsrats steht.

Die Schweiz steht im internationalen Vergleich gut da

Die Deckungsgrade waren 2015 stabil, wenn nicht sogar zunehmend. (US-)Firmen, zusammengefasst im WTW Pension 100 Index, verfügen über einen unveränderten Deckungsgrad von durchschnittlich 82%. Die Unternehmen des DAX machten die Verluste aus dem Jahr 2014 wieder gut und steigerten ihren Deckungsgrad von 60% auf 65%. Somit liegen die SMI- und SLI-Unternehmen mit unverändert 80% weiterhin auf einem vergleichbaren Niveau mit den USA und deutlich vor Deutschland.

Hintergrundinformationen zur Studie

Die Pension Risk Studie von Willis Towers Watson untersucht die Vorsorgeverpflichtungen sowie die Höhe und Entwicklung des Vorsorgeaufwands der Unternehmen des Swiss Leader Index (SLI). Dieser Index setzt sich aus den 19 SMI-Unternehmen und den zehn grössten Werten der 30 SMI Mid Cap Titel zusammen. Der SLI enthält damit die 29 wichtigsten Werte des Schweizer Aktienmarkts und umfasst die führenden börsenkotierten Unternehmen des Landes. Willis Towers Watson hat 2015 die offengelegten Verpflichtungen aus der beruflichen Vorsorge der SMI- und SLI-Firmen gemäss den internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS und US GAAP analysiert. Die Ergebnisse unterscheiden sich daher grundlegend von den Daten, wie sie schweizerische Vorsorgeeinrichtungen nach Swiss GAAP FER26 publizieren. Ziel der Pension Risk Studie von Willis Towers Watson ist es, einen Überblick über die Situation von Schweizer Unternehmen zu gewinnen und damit eine fundierte Grundlage für die Ausarbeitung von spezifischen Massnahmen für einzelne Unternehmen zu schaffen.


Über Willis Towers Watson

Willis Towers Watson (NASDAQ: WLTW) gehört zu den weltweit führenden Unternehmen in den Bereichen Advisory, Broking und Solutions. Wir unterstützen unsere Kunden dabei, aus Risiken Wachstum zu generieren. Unsere Wurzeln reichen bis ins Jahr 1828 zurück – heute zählt Willis Towers Watson rund 39‘000 Mitarbeiter in mehr als 120 Ländern. Wir gestalten und implementieren Lösungen, die Risiken steuern, berufliche Vorsorge optimieren, Talente fördern und die Kapitalkraft steigern. Auf diese Weise schützen und stärken wir Organisationen und Personen. In der Schweiz ist Willis Towers Watson mit Büros in Zürich und Lausanne vertreten.


Quelle: Willis Towers Watson
09.06.2016