Neue Vorsorge mit Nebenwirkungen

Bei 1e-Vorsorgeplänen dürfen Versicherte die Anlagestrategie für Pensionskassenguthaben selber wählen. Solche Pläne könnten populär werden, doch bergen sie Risiken für die Kassen.

Bei 1e-Vorsorgeplänen dürfen Versicherte die Anlagestrategie für Pensionskassenguthaben selber wählen. Solche Pläne könnten nun populärer werden. Dabei darf nicht vergessen werden, dass sie die bestehende Pensionskasse belasten können.

Mit 1e-Vorsorgeplänen haben Versicherte mehr Wahlfreiheit – sie können ihre Anlagestrategie für Pensionskassengelder wählen. Diese Möglichkeit besteht nur für Salärbestandteile von derzeit über 126 900 Fr. Aufgrund der Bestimmungen des Freizügigkeitsgesetzes konnten einem Versicherten bei Austritt aus der Pensionskasse bisher keine Anlageverluste angerechnet werden, die aus der selbstgewählten Anlagestrategie resultierten. Dies hat denn auch dazu geführt, dass sich 1e-Pläne in der Praxis kaum etabliert haben.

Mit der Motion Stahl wurde 2008 gefordert, diesen Konstruktionsfehler durch eine Anpassung des Freizügigkeitsgesetzes zu beheben. Das Parlament hat diese Gesetzänderung in der letzten Wintersession einstimmig beschlossen. Zur Beschränkung des Anlagerisikos hat der Gesetzgeber vorgegeben, dass jeder 1e-Plan mindestens eine risikoarme Anlagestrategie anbieten muss.

Für Unternehmen, die ihren Finanzbericht gemäss internationalen Rechnungslegungsvorschriften erstellen, kann die Einführung eines 1e-Plans die bilanziellen Pensionsverpflichtungen erheblich reduzieren. Diese Möglichkeit, die Bilanz zu entlasten, dürfte bei vielen Unternehmen hochwillkommen sein. Die sinkenden Zinsen haben in den letzten Jahren die Leistungsgarantien verteuert und zu einer starken Zunahme der bilanziellen Pensionsverpflichtungen geführt. Für die Versicherten bieten 1e-Pläne die Möglichkeit, die Vorsorgegelder entsprechend individuellen Anlagepräferenzen zu investieren. Im Gegenzug trägt der Versicherte das Risiko eines Anlageverlusts. Zudem kann mit einem 1e-Plan verhindert werden, dass mit einer tiefen Verzinsung des Alterskapitals eine Quersubventionierung der Rentenbezüger erfolgt.

Mit der Gründung eines 1e-Vorsorgeplans wird ein Teil der versicherten Leistungen und der bereits angesparten Vorsorgegelder in eine neue Stiftung verschoben. Damit steigen in der bestehenden Pensionskasse erstens die «Rentnerlastigkeit» und zweitens der Anteil Leistungen, die dem BVG-Obligatorium unterstellt sind. Im Zeitablauf ergibt sich jedoch eine Entlastung der bestehenden Kasse, da weniger hohe Neurenten anfallen. Der Nettoeffekt reduziert in der Regel die Risikofähigkeit der Kasse und die Möglichkeit, Anlagerisiken einzugehen. Ohne Nachfinanzierung oder Anpassung der Anlagestrategie besteht die Gefahr, dass die Vorsorgegelder der aktiven Versicherten, die unter der Schwelle eines Jahressalärs von 126 900 Fr. liegen, stärker durch die Quersubventionierung der Rentenbezüger belastet werden.

Vor der Einführung eines 1e-Vorsorgeplans sollten daher die Auswirkungen auf die bestehende Pensionskasse analysiert und Massnahmen zur Abfederung der Folgen für die mittleren Einkommen entwickelt werden. Damit wird zudem sicherstellt, dass sich ein 1e-Plan für den Arbeitgeber nicht zum Bumerang entwickelt, indem zwar bilanzielle Verpflichtungen reduziert werden, dafür aber eine Sanierung der bestehenden Kasse wahrscheinlicher wird.

Quelle: NZZ
07.04.2016

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *