Schrille Drohungen gegen die BVK

Wegen drohender Rentenkürzungen ist Feuer im Dach der kantonalen Pensionskasse BVK. Die Universität Zürich denkt gar laut über einen Austritt nach. Bessere Konditionen zu finden, dürfteallerdings schwierig sein.

Der Tonfall in den Briefen, die in letzter Zeit im Postfach der kantonalen Pensionskasse BVK landen, ist beunruhigt bis schrill. «BVK, quo vadis?», fragt die Leitung des Spitals Limmattal, die Angestellten der Stadt Schlieren wittern einen «Affront gegen alle BVK-Versicherten», und der Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) spricht gar von einer «Demontage» der Staatsangestellten-Kasse. Grund für die Aufregung ist der Beschluss des BVK-Stiftungsrates, wegen sinkender Erträge auf dem Kapitalmarkt und steigender Lebenserwartung auf Anfang 2017 einen neuen Vorsorgeplan einzuführen.

Vor Flucht wird gewarnt

So soll der technische Zinssatz drastisch gesenkt werden, von 3,25 auf 2 Prozent, womit auch der für die Renten massgebliche Umwandlungssatz reduziert wird. Trotz höheren Beiträgen und verschiedenen «Abfederungsmassnahmen» werden die Versicherten nach Prognosen der BVK mit Renteneinbussen von durchschnittlich rund 8 Prozent zu rechnen haben, wobei es je nach Alter deutliche Abweichungen gibt.

Der Beschluss des notabene paritätisch aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern zusammengesetzten Gremiums ist bereits im Juli 2015 gefallen. In den letzten Monaten hat sich jedoch unter Federführung des VPOD heftiger Widerstand formiert. Mittels Protestbriefen fordern Versicherte den Stiftungsrat auf, seinen «überstürzten» und «unangepassten» Entscheid zu überdenken, wobei der Forderungskatalog von einem höheren Zins bis zu weiteren Beiträgen des Kantons reicht.

Selbst ein Austritt aus der BVK ist für einige nicht mehr tabu. So hat der Direktor des Spitals Limmattal in der «Limmattaler Zeitung» kürzlich laut über einen Austritt aus der BVK nachgedacht. Am Montag ist nun auch den Mitarbeitern der Universität Zürich per Newsletter eröffnet worden, dass eine Arbeitsgruppe einen Kassenwechsel für die immerhin 4500 Angestellten prüfen werde. Den Versicherten steht es frei, den Vertrag per Ende 2016 aufzulösen. Die Frage ist allerdings, ob die 115 000 Versicherten und 470 angeschlossenen Unternehmen tatsächlich so unverhältnismässig zu leiden haben, wie nun suggeriert wird – und ob ein Ausstieg eine gute Idee ist. Der Verein der Zürcher Gemeindeschreiber und Verwaltungsfachleute hat die Änderungen der BVK-Personalvorsorge von einer privaten Beratungsfirma beurteilen lassen.

Deren Fazit: Dass eine Kasse den Zinssatz auf einen Schlag derart deutlich senkt, kommt zwar nicht allzu häufig vor, ist aber in der jetzigen Grosswetterlage «zukunftsorientiert und nachvollziehbar». Die Netto-Rendite-Erwartung für ein Anlageportfolio liege aktuell kaum mehr über 2,5 Prozent, und dass die Lebenserwartung plötzlich stagniere, sei kaum zu erwarten. Somit seien die ergriffenen Massnahmen nötig, «um die langfristige finanzielle Sicherheit herzustellen». Trotzdem blieben die Leistungen «vergleichsweise hoch». Lobend erwähnt der Bericht auch die «umfassenden Abfederungsmassnahmen», zumal für ältere Arbeitnehmer verschiedene Kompensationsmassnahmen geplant sind. Vor diesem Hintergrund wird vor überhasteten Fluchtbewegungen gewarnt: Sonst bestehe die Gefahr, dass man mit grossem finanziellem Aufwand einen Wechsel vollziehe, «nur um dann feststellen zu müssen, dass der neue Vorsorgeträger (. . .) ähnliche Massnahmen beschliesst wie die BVK».

Stiftungsräte müssen zittern

Tatsächlich ist die Lage für die Versicherten eher schwierig. Denn die BVK kämpft nicht nur mit einem angekratzten Image (Stichwort Korruptionsaffäre Gloor), sondern auch mit einem schwachen Deckungsgrad von 96 Prozent. Im Fall einer Kündigung müssten die Arbeitgeber die Unterdeckung ausfinanzieren. Kommt hinzu, dass die Struktur der BVK-Versicherten für eine neue Kasse nicht sonderlich attraktiv ist. Die BVK ist nicht Google, wo eine Masse von aktiven Versicherten einer vernachlässigbaren Zahl von Rentenbezügern gegenübersteht. Vielmehr beträgt der Anteil der Rentner mehr als 28 Prozent, was eine eher defensive Anlagestrategie nahelegt. Ob Sammelstiftungen oder Lebensversicherungen angesichts dieser Tatsachen nur darauf warten, abtrünnige BVK-Kunden mit deutlich besseren Konditionen anzulocken, darf bezweifelt werden.

Der BVK-Stiftungsrat rechnet denn auch nicht mit einer Austrittswelle. «Für die meisten Arbeitgeber scheint eine Kündigung nicht wirklich ein Thema zu sein», sagt Florian Küng, Leiter Finanzen bei der BVK. Gegenüber empörten Versicherten hat die BVK bereits durchblicken lassen, dass man nicht daran denke, die Massnahmen zurückzunehmen, zumal der Entscheid des paritätischen Stiftungsrates laut Küng «klar und unbestritten» gewesen sei.

Das wiederum findet VPOD-Regionalsekretär Roland Brunner «höchst befremdend». Dem VPOD bleibt mangels rechtlicher Mittel nichts anderes übrig, als Forderungen und Protestnoten einzureichen. Allerdings kündigt Brunner an, dass man sich bei den nächsten Stiftungsrats-Wahlen genau überlegen werde, «wer tatsächlich Arbeitnehmerinteressen vertritt».

Quelle: NZZ

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