Sozialversicherungen: Neuerungen per 1. Januar 2015 und laufende Reformen

Dieser Artikel verschafft einen Überblick über die für 2015 vorgesehenen Änderungen bei den Schweizer Sozialversicherungen. Ausserdem informiert er über die wichtigsten laufenden Reformen.

Mélanie Sauvain
Projektverantwortliche Öffentlichkeitsarbeit
Bundesamt für Sozialversicherungen
melanie.sauvain@bsv.admin.ch

AHV/IV/EL

Anpassung der AHV/IV-Renten und der EL

Die AHV- und die IV-Renten werden per 1. Januar 2015 an die Preisentwicklung angepasst. Die Mindestrente steigt von 1 170 auf 1 175 Franken pro Monat, die Maximalrente von 2 340 auf 2 350 Franken. Bei den Ergänzungsleistungen wird der Betrag für die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs von 19 210 auf 19 290 Franken pro Jahr für Alleinstehende erhöht. Auch die Hilflosenentschädigungen werden angepasst.
Die Erhöhung der AHV/IV-Renten führt zu Mehrkosten von rund 201 Millionen Franken: 176 Millionen für die AHV (wovon 34 Millionen zulasten des Bundes gehen) und 25 Millionen für die IV. Die Anpassung der Ergänzungsleistungen der 1. Säule verursacht zusätzliche Kosten von 0,4 Millionen Franken zulasten des Bundes und 0,3 Millionen zulasten der Kantone.
Sackgeldjobs von der AHV-Beitragspflicht befreit
Ab dem 1. Januar 2015 müssen Jugendliche bis 25 Jahre keine AHV-Beiträge auf ihre Sackgeldjobs mehr entrichten, wenn ihr Einkommen 750 Franken pro Jahr nicht übersteigt. Dasselbe gilt für ihre Arbeitgeber. Konkret bedeutet dies, dass Eltern, die in kleinem Umfang einen Babysitter beschäftigen, keine Arbeitgeberbeiträge mehr abrechnen und einzahlen müssen und dass vom geringfügigen Lohn des Babysitters kein AHV-Abzug gemacht werden muss. Mit dieser vom Parlament initiierten Befreiung von der Beitragspflicht wird dem unverhältnismässigen administrativen Aufwand ein Ende gesetzt.
Änderungen der IV-Verordnung
Der Bundesrat hat mehrere Punkte der Verordnung über die Invalidenversicherung angepasst. Hauptziel ist die Förderung der beruflichen Eingliederung der Versicherten in den ersten Arbeitsmarkt – mit besonderem Augenmerk auf psychisch erkrankte Menschen.
Mit der neuen Verordnung wird die Beratung gestärkt. Neu gehören die Beratung, Begleitung und Schulung der Arbeitgeber explizit zu den Aufgaben der IV-Stellen. Ausserdem sollen Letztere Fachpersonen aus Schule und Ausbildung beraten und informieren. Damit soll bei Jugendlichen, die sich in einer schwierigen Situation befinden, eine spätere psychisch bedingte Invalidität vermieden werden. Auch Personen, die einen Assistenzbeitrag beantragen, erhalten rascher und leichter Beratung, und zwar bereits ab Antragstellung. Eine weitere Änderung betrifft überdies die Verbesserung der Qualität von medizinischen Gutachten in allen Sozialversicherungen.
Die Regelung der Beiträge an Organisationen der privaten Behindertenhilfe wird ebenfalls aktualisiert mit dem Ziel, das System transparenter auszugestalten, es besser auf das Subventionsgesetz auszurichten und die Durchführung zu erleichtern. Ausserdem kann mit der neuen Regelung gegenüber Versicherten, die unrechtmässig Leistungen der IV erlangt oder ihre Meldepflicht verletzt haben, konsequenter vorgegangen werden. Die IV kann künftig auch Leistungen zurückfordern, die während der Dauer der Abklärungen ausgerichtet wurden. Schliesslich wird die Definition, was ein Heim ist, auf Stufe Verordnung und nicht mehr auf Stufe Kreisschreiben verankert. Diese Anpassung ist für die Rechtssicherheit von Bedeutung: Etliche Leistungen der IV variieren je nachdem, ob die versicherte Person in einem Heim oder zu Hause lebt.

Berufliche Vorsorge

Mindestzinssatz

2015 beläuft sich der Mindestzinssatz der obligatorischen Beruflichen Vorsorge auf 1,75 Prozent. Der Bundesrat hat beschlossen, den Zinssatz, der 2014 von 1,5 Prozent auf 1,75 Prozent angehoben wurde, beizubehalten. Er folgt damit den Empfehlungen der Eidgenössischen BVG-Kommission. Die gegenwärtigen Schwankungen an den Aktienmärkten und die tiefen Zinssätze sprechen gegen eine erneute Anhebung des Mindestzinssatzes.
Der Mindestzinssatz gilt lediglich für die Guthaben aus dem BVG-Obligatorium. Für die restlichen Bereiche können die Vorsorgeeinrichtungen selbst entscheiden, wie sie die Verzinsung festlegen wollen. Bevor er im Jahr 2012 auf 1,5 Prozent sank, lag der Zinssatz während dreier Jahre unverändert bei 2 Prozent. 2002 hatte die Vergütung der Altersguthaben noch mindestens 4 Prozent betragen.

Anpassung der Grenzbeträge

In der obligatorischen Beruflichen Vorsorge wird der Koordinationsabzug per Januar 2015 von 24 570 auf 24 675 Franken erhöht und die Eintrittsschwelle steigt von 21 060 auf 21 150 Franken. Der maximal erlaubte Steuerabzug im Rahmen der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) beträgt neu 6 768 Franken (heute 6 739) für Personen, die bereits eine 2. Säule haben, respektive 33 840 Franken (heute 33 696) für Personen ohne 2. Säule.

Abgaben für die Oberaufsichtskommission

Es ist nicht vorgesehen, dass die seit 2012 mit der Aufsicht über die Pensionskassen betraute Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge Überschüsse erzielt. Die ersten beiden Jahresrechnungen schloss sie jedoch mit deutlichem Gewinn ab. Deshalb hat der Bundesrat beschlossen, die Verordnung über die Aufsicht in der Beruflichen Vorsorge zu ändern und die Aufsichtsabgaben an die effektiven Kosten anzupassen. Die bisherigen Ansätze bilden die obere Begrenzung.
Die Kosten der Oberaufsichtskommission werden vollständig durch die Abgaben und Gebühren gedeckt, die die kantonalen Aufsichtsbehörden jedes Jahr bei den Vorsorgeeinrichtungen in ihrer Region erheben. Da diese nun gesenkt werden, dürften künftig keine Überschüsse mehr entstehen

Krankenversicherung

Prämien steigen durchschnittlich um 4 Prozent

Die Standardprämie der obligatorischen Krankenpflegeversicherung wird 2015 durchschnittlich um 4 Prozent steigen, was einer Erhöhung von 15.70 Franken pro Person und Monat entspricht. Je nach Kanton beträgt die Zunahme zwischen 2,7 und 6,8 Prozent.
Der durchschnittliche Anstieg um 4 Prozent gilt für die Standardprämie, d.h. für die Grundversicherung für eine erwachsene Person mit einer Franchise von 300 Franken, inklusive Unfalldeckung. In den vergangenen zehn Jahren ist diese Prämie jedes Jahr im Durchschnitt um 3,6 Prozent gestiegen, seit der Einführung des Krankenversicherungsgesetztes im Jahr 1996 um 4,7 Prozent.

Verbesserung des Risikoausgleichs

Künftig werden für den Risikoausgleich in der Grundversicherung auch besonders hohe Medikamentenkosten berücksichtigt. Damit wird der ambulante Bereich ebenfalls einbezogen und der Anreiz zur Risikoselektion weiter verringert.
Heute werden für den Risikoausgleich die Kriterien Alter und Geschlecht sowie ein Aufenthalt von mindestens drei aufeinanderfolgenden Nächten in einem Spital oder Pflegeheim im Vorjahr berücksichtigt. Neu werden Arzneimittelkosten von über 5 000 Franken ebenfalls in den Risikoausgleich aufgenommen. Dabei werden alle Medikamente einbezogen, die von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vergütet werden und nicht Bestandteile einer Pauschale sind.
Mit dieser neuen Regelung werden auch Versicherte mit einem erhöhten Krankheitsrisiko erkannt, die ambulant behandelt werden, und der Anreiz zur Risikoselektion wird weiter verringert.
Die Revision tritt 2017 in Kraft, die Krankenversicherer müssen die relevanten Daten allerdings bereits ab dem Jahr 2015 sammeln.

Familie

Familienergänzende Kinderbetreuung

Das Impulsprogramm des Bundes zur Schaffung von familienergänzenden Betreuungsplätzen für Kinder wird bis 2019 weitergeführt. Da das Programm zeitlich begrenzt ist, wäre es nach einer ersten Verlängerung um acht Jahre am 31. Januar 2015 ausgelaufen. Der Kredit für die nächsten vier Jahre beträgt maximal 120 Millionen Franken. Seit Inkrafttreten des Bundesgesetzes über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung im Jahr 2003 wurden mehr als 43 000 neue Betreuungsplätze geschaffen.
Ziel des Programms ist es, den gesamten Bedarf in der Schweiz abzudecken, damit die Eltern Beruf/Ausbildung und Familie besser vereinbaren können.

Wichtigste Projekte 2015

Altersvorsorge 2020

Das umfassende Reformprojekt Altersvorsorge 2020 kommt 2015 in die parlamentarische Phase. Nach dem Vernehmlassungsverfahren nahm der Bundesrat einige Änderungen an der Botschaft vor, die dem Parlament Ende 2014 vorgelegt wurde. Notwendigkeit und Zielsetzung der Reform werden nicht infrage gestellt.
Die Botschaft des Bundesrats ist auf der Internetseite des Bundesamtes für Sozialversicherungen verfügbar: www.bsv.admin.ch ➞ Altersvorsorge 2020 ➞ Dokumentation.

Reform der Ergänzungsleistungen (EL)

Es ist eine umfassende Reform der EL vorgesehen.
In einem ersten Schritt hat der Bundesrat eine Änderung des Bundesgesetzes über die EL in die Vernehmlassung geschickt. Darin schlägt er vor, die maximalen Beträge für Mietzinse zu erhöhen, die bei der Berechnung des Anspruchs auf EL berücksichtigt werden. Die Höchstgrenze war 2001 zuletzt angepasst worden. Seither sind die Mieten in der Schweiz durchschnittlich um 18 Prozent angestiegen. Entsprechend deckt der Höchstbetrag die Miete in den meisten Fällen nicht mehr. Für die Bezügerinnen und Bezüger von EL bedeutet dies, dass sie die Miete vom für den allgemeinen Lebensbedarf bestimmten Betrag bezahlen müssen. In derselben Vorlage schlägt der Bundesrat vor, die Mietzinsbelastung zwischen Grosszentren, Stadt und Land zu unterscheiden und dem erhöhten Raumbedarf von Familien Rechnung zu tragen.
Diese Anpassungen führen zu Mehrkosten von 76 Millionen Franken pro Jahr, wobei 47 Millionen vom Bund getragen werden und 29 Millionen zulasten der Kantone gehen. chVernehmlassung im Frühling 2014, die Änderungen dürften dem Parlament Ende 2014 vorgelegt werden.
Im Zuge der ersten Vorlage hat der Bundesrat im Sommer 2014 die allgemeine Ausrichtung eines umfassenderen Reformvorhabens zu den Ergänzungsleistungen festgelegt, um dem starken Kostenanstieg Rechnung zu tragen. Er stützte sich dabei auf einen im November 2013 veröffentlichten Bericht, in dem die Entwicklung der EL-Ausgaben eingehend analysiert wurde und der aufzeigt, wie wichtig eine Reform in diesem Bereich ist. In der Vorlage geht es darum, das Leistungsniveau zu erhalten, um einen Übergang zur Sozialhilfe zu vermeiden. Schwelleneffekte und unerwünschte Anreize zum Verbleib im EL-System sollen reduziert werden. Ausserdem soll die Verwendung von Eigenmitteln für die Altersvorsorge verbessert werden, um das Risiko einer EL-Abhängigkeit im Alter zu minimieren. Daher soll auch kein Guthaben der obligatorischen Vorsorge in Form von Kapital mehr bezogen werden dürfen. Der Bundesrat schickt die Vorlage in der ersten Jahreshälfte 2015 in die Vernehmlassung.

Unfallversicherung

Der Bundesrat möchte das Unfallversicherungsgesetz in einigen Punkten revidieren. Unter anderem will er verhindern, dass jemand trotz Arbeitsvertrag nicht versichert ist. Mit der Revision sollen zudem Überentschädigungen verhindert werden, die eintreten können, wenn eine verunfallte Person mit Invalidenrente das

ordentliche Rentenalter erreicht. In einigen Fällen ist die finanzielle Situation von verunfallten Personen besser als jene von nicht verunfallten Personen. Überdies will der Bundesrat eine Ereignislimite für Katastrophen einführen. Für Schäden, die über diese Limite hinausgehen, sollen die Versicherer einen Ausgleichsfonds schaffen. Die Sozialpartner und Versicherer als Träger der Unfallversicherung wurden bei der Vorbereitung der Revision einbezogen, die in der Vernehmlassung breite Unterstützung fand. Die Vorlage geht nun ans Parlament. Dieses hatte 2011 eine erste Version als zu ehrgeizig erachtet und an den Bundesrat zurückgewiesen.

Konzept Seltene Krankheiten

Der Bundesrat hat im Herbst 2014 das Konzept Seltene Krankheiten verabschiedet, das 19 Massnahmen zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation von Menschen mit seltenen Krankheiten (Orphan Diseases) vorschlägt. Die Schaffung von Referenzzentren zur raschen und sicheren Diagnose sowie zur effizienten Behandlung ist vorgesehen. Das Eidgenössische Departement des Innern wird bis im Frühling 2015 den Zeitplan zur Umsetzung dieses Konzepts und eine Einschätzung der Kosten für die Massnahmenkompetenz des Bundes vorlegen.

Quelle: BSV
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