Wie AXA-Versicherte bessere Pensionskassen finden

12.4.2018

Gestern dominierten die Negativschlagzeilen. Der Versicherer Axa lasse mit seinem Ausstieg aus der Vollversicherung der zweiten Säule 400’000 Versicherten im Regen stehen. Auf die Patrons von 40’000 kleinen und mittelgrossen Betrieben (KMU) würden er­hebliche Risiken überwälzt. Ein Experte vom «Blick» war gar der Ansicht, dass «nun Ende Jahr böse Überraschungen auf die Firmen zukommen» könnten, weil sie allenfalls für Unterdeckungen aufkommen müssen.

Diesem Pessimismus tritt Sergio Bortolin, Präsident des Verbandes Inter-Pension der unabhängigen Pensionskassen, entgegen. «Das Gegenteil ist der Fall», sagt er. Die weit bessere Alternative für KMU in der zweiten Säule sei der Anschluss bei einer unabhängigen Pensionskasse. Höhere Erträge, tiefere Prämien, tiefere Kosten und komfortable Risikopolster seien ihre Vorteile. Autonome Pensionskassen sind weit verbreitet. Bortolin vertritt vierzig Kassen, die 1,15 Millionen Angestellte versichern und 142 Milliarden Pensionskapital verwalten – ein Siebtel der zweiten Säule.

Bekannte solche Kassen sind Asga, Vita, Nest, Abendrot, Profond, Swisscanto, PKG, Noventus und Gastrosocial. Die Asga gibt es seit über fünfzig Jahren und versichert ähnlich wie die Axa KMU, 12’000 an der Zahl mit rund 120’000 Versicherten. Ähnlich gross ist die Vita-Sammelstiftung. Sie wurde vor fünfzehn ­Jahren vom Versicherer Zurich ab­gespalten. Gastrosocial ist ein prominentes Beispiel einer Branchenpensionskasse von 20’000 Wirten und Hoteliers mit 174’000 Versicherten. Die meisten dieser Pensionskassen sind erfolgreich unterwegs.

Tiefere Kosten, höhere Renten

Wenn die Axa ihren Kunden also vorschlägt, ab 2019 der neuen, unabhängigen Axa-Sammelstiftung beizutreten, können sie den Wettbewerb spielen lassen. Versicherungsbroker reissen sich um solche Firmen. Das jährliche im Juni erscheinende Pensionskassenrating der «SonntagsZeitung» zeigt die attraktivsten Kassen. Welche Vorteile erwarten Versicherte im Vergleich zu den Vollversicherungspolicen von Swisslife, Basler, Helvetia, Al­lianz oder Pax? Bortolin hebt drei Punkte hervor:

  • Höhere Verzinsung: Vollversicherungen sind wegen anhaltend tiefer Zinsen unter Druck, weil sie zwei Drittel ihres Kapitals auf meist schwach rentierende Ob­ligationen setzen. Unabhängige Pensionskassen legen viel mehr in Aktien und weniger in Obligationen an. Ihre Versicherten können erwarten, dass die Erträge in guten Börsenjahren viel stärker steigen und dem Alterskapital regelmässig höhere Zinsen gutgeschrieben werden. Die durchschnittliche Verzinsung unabhängiger Pensionskassen ist derzeit doppelt so hoch oder höher im Vergleich zu vollversicherten Sammelstiftungen (2 Prozent und mehr statt 1 Prozent). Wer 50’000 Franken angespart hat, erhält jährlich mehr als 1000 statt 500 Franken Zins gutgeschrieben.
  • Tiefere Risikoprämien: Versicherte von unabhängigen Sammelstiftungen können um mindestens ein Drittel tiefere Risikoprämien erwarten.
  • Tiefere Verwaltungskosten: Versicherte von unabhängigen Sammelstiftungen können mit viel tieferen Verwaltungskosten rechnen als bei Vollversicherungen. Ein Beispiel ist Gastrosocial. Dort betragen die Kosten 66 Franken, während die durchschnittlichen Verwaltungskosten von Vollversicherern im Schnitt 247 Franken betragen (Basis 2016). Die Differenz kommt Gastrosocial-Versicherten zugute.

«All diese Unterschiede können kumuliert nach vierzig Jahren Alterspaaren gut und gern ein Drittel der Rente ausmachen, je nach Lohnhöhe», sagt Bortolin. Versicherte von unabhängigen Kassen dürfen mit deutlich höheren Renten rechnen als solche von Versicherern.

Kurze Unterdeckung

Lebensversicherer kontern, ihre Vollversicherungen böten die absolute Garantie für Renten, auch in Krisenjahren. Arbeitgeber und Versicherte riskierten nichts. Bortolin entgegnet: «Die Wahrscheinlichkeit, dass Firmen von unabhängigen Pensionskassen Sanierungsbeiträge leisten müssen, ist sehr klein, denn die Risikopolster sind oft hoch.» Sie heissen Schwankungsreserven. Jede unabhängige Kasse hat solche. Bei Gastrosocial beträgt sie momentan ein Fünftel des ver­sprochenen Alterskapitals, bei der Asga 12 Prozent.

Ein Indiz, wie gut unabhängige Pensionskassen eine tiefe Börsenkrise durchstehen, zeigte das Jahr 2008. Damals rutschten die allermeisten Kassen in Unter­deckung. Das heisst, sie hatten weniger Geld in ihren Büchern, als den Versicherten versprochen worden war. Doch bei vielen Kassen dauerte diese Unterdeckung nur einige Monate. Dann stiegen die Börsenkurse wieder an, die Kapitalien erholten sich.

Das Risiko in der Finanzkrise

Die Asga, als Beispiel, war nur vier Monate in Unterdeckung, Gastrosocial kürzer als ein Jahr. ­Einzig die stark in Aktien in­vestierte Profond erwischte es jahrelang, doch ohne Folgen. ­Profond hat heute Reserven von 12 Prozent. «Unter unseren Mitgliedern sind mir keine Fälle bekannt, wo Versicherte einer autonomen Sammelstiftung Sanierungsbeiträge wegen Börsenverlusten der Finanzkrise leisteten», sagt Bortolin.

Hingegen sprach man damals in Bundesbern darüber, dass einzelne, systemrelevante Lebensversicherer in Probleme geraten waren. Auch sie retteten sich vor allem, weil sich die Börsen er­holten.

Quelle: Tages Anzeigerbh